Wir konsumieren täglich. Unser Alltag ist geprägt vom Geben und Nehmen. Geld gegen Ware oder Dienstleitung. Thomas Kernert analysiert in seinem Essay, warum und wie wir konsumieren und ob "richtig kaufen“ überhaupt möglich ist.
Ein gelassenes Verhältnis zu Welt und Seele wünschte sich schon Seneca. Nicht Konsum und Geld an sich schaffen Gelassenheit, mal davon abgesehen, dass jemand mit viel Geld auf dem Konto seinen Mietabbuchungen entgegen sehen kann, ohne ins Schwitzen zu geraten. Innere Harmonie ist das Zauberwort. Doch nicht jederman findet diese auf den Straßen seiner Stadt, dort, wo Sale-Schilder und blinkende Reklame die innere Einkehr schwierig machen. Konsum-Askese wird zur täglichen Qual.
Eigentlich ist Konsumlust in unserer Gesellschaft keine angesehene Eigenschaft. Sparen beim Konsumieren ist angesagt, Kritikfähigkeit gegenüber der bunten Kaufhaus-Glitzerwelt eine dringend erforderliche Fähigkeit für jeden, der Geld hat, das er ausgeben will. Wer kennt es nicht, das Gefühl, das sich einstellt, wenn ein Qualitätsprodukt zum Schnäppchenpreis nach Hause getragen werden kann. So billig, wie der Fernseher war, tut die Tatsache, schon wieder Geld für Luxusartikel ausgegeben zu haben, mehr froh als weh, denn der Kontostand wurde geschont und etwas für die Wirtschaft getan.
Harmonisch-kritisch ist dieser Käufer aber nicht. Denn dann würde er Herstellungsbedingungen und Nachhaltigkeitsfaktoren bedenken, bevor er die Kreditkarte über den Kassentisch reicht. Fernsehen will aber auch er, wenn auch ein paar Monate länger mit der alten Flimmerkiste, und dann, beim Neukauf, geht es um maßvollen Konsum. Kritisch Konsumieren heißt widerstehen zu können, gelassen, nicht vom Einkaufszettel abweichend, durch die vollen Regale zu gehen, und dabei sich auf keinen Fall von den knalligen Sprüchen auf den Werbetafeln ködern zu lassen.
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